Interview: Christoph Brem von INVENTORUM
Von: Christian JansenLetztes Update 15.11.2022 Lesezeit 4:36 Min.
Herr Brem, welches Problem wollen Sie mit INVENTORUM lösen?
Durch das Internet ändert sich der Einzelhandel so umfangreich und schnell wie nie zuvor. Nicht nur wird der E-Commerce zu einem weiteren Verkaufskanal, sondern das Verhalten der Informationsbeschaffung und die Wege, über die eingekauft wird, vermischen sich derart, dass man schon jetzt kaum mehr zwischen Online- und Offline-Handel unterscheiden kann. Click&Collect ist nur ein Beispiel, wie online eingekauft, aber im Laden abgeholt wird.
Mit INVENTORUM wollen wir den lokalen, kleinen Einzelhändlern, die das soziale Gefüge einer Stadt bestimmen, auch mit begrenzten finanziellen und personellen Mitteln ermöglichen, an diesen Prozessen teilzunehmen. Schließlich schlummern in unseren Geschäften 4x so viele Produkte wie auf Amazon, man weiß nur nicht wo, zu welchem Preis und ob das Produkt noch verfügbar ist.
Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz durch?
Am Ende setzen wir uns damit durch, die wichtigsten Prozesse intuitiv und einfach zu einem angemessen Preis selbst für weniger technisch versierte Händler optimal abzubilden.
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den täglichen Geschäftsalltag stationärer Einzelhändler, insbesondere den der kleinen Händler, so einfach wie möglich zu gestalten und sie stark für die Herausforderungen der digitalen Zukunft zu machen. Somit ermöglicht unser modernes iPad-basiertes Kassensystem mehr, als Verkaufsprozesse zu vereinfachen und flexibel zu gestalten, die Warenwirtschaft komplett zu übernehmen, eine spezifische Kundenverwaltung anzulegen oder die Inventur maßgeblich zu unterstützen. Durch die vorbereitende Buchhaltungsfunktion werden Kassenbuch, Berichte und Co. GoBD-konform abgebildet und die Buchhaltung immens erleichtert. Mit nur wenig Aufwand kann ein eigener Onlineshop eingerichtet werden. Das steigert die Sichtbarkeit im Netz und generiert zusätzliche Verkaufschancen. Unter dem Motto “Kanal egal” vereinen wir alle Prozesse und Kanäle auf nur einer Plattform ‒ einer App für das iPad ‒ und machen so jeden Einzelhändler fit für die Zukunft.
Kassensysteme müssen sicher sein – wie wird INVENTORUM diesem Anspruch gerecht?
Als Anbieter eines cloudbasierten Kassensystems mit angebundener Warenwirtschaft über mehrere Kanäle steht Datensicherheit bei uns natürlich mit an erster Stelle. Nicht nur unser Firmensitz ist in Berlin, sondern auch unsere Server befinden sich in Deutschland und entsprechen damit jederzeit den Bestimmungen des deutschen Datenschutzgesetzes. Alle Daten sind ähnlich wie beim Online-Banking SSL-verschlüsselt und vor Zugriff geschützt. Das ist viel sicherer als eine Kasse, ein Rechner oder gar Server im Ladengeschäft, die oft über kein Backup verfügen und sehr direkt äußeren Einflüssen ausgesetzt sind.
Welches sind Ihre wichtigsten Märkte nach Branchen?
In erster Linie sind wir ein Kassensystem für Händler aller Branchen, vornehmlich aus dem kleinen und mittelständischen Bereich. Natürlich haben sich mit der Zeit Kernzielgruppen herauskristallisiert, wie Fashion, Einrichtung, Spiel- und Schreibwaren. Einzelhändler aus dem Dienstleistungsbereich, wie Friseure oder Nagelstudios liegen bei uns auch hoch im Kurs.
Und welches sind geografisch Ihre wichtigsten Märkte?
Momentan konzentrieren wir uns noch auf die DACH-Region ‒ sprich Deutschland, Österreich und die Schweiz. Aber auch Kunden in Holland, Belgien, Luxemburg, England und Spanien haben schon unsere App im globalen App Store entdeckt und sind zufriedene Kunden. Wir können bereits alle Währungen und Steuerklassen abbilden. Im kommenden Jahr werden wir zu der bestehenden deutschen und englischen Version weitere Sprachen hinzufügen.
Thema rechtliche Rahmenbedingungen und Kultur: Ist es leicht, Ihr Kassensystem in andere Länder zu exportieren?
Das ist eine interessante Frage. Deutschland ist bekannt dafür, oft komplexere rechtliche Rahmenbedingungen (siehe Datenschutz) zu haben und Nutzer wärmen sich erst langsam für neue Technologien auf. Kreditkarten werden weltweit selbst für kleinste Beträge benutzt, in Deutschland fristen sie weiter ein Schattendasein. Wenn man es hier schafft, neue Prozesse anzustoßen und umzusetzen, ist es meist einfacher, das Produkt in andere Länder zu überführen. Eine Kasse ist ein weltweit akzeptiertes Medium und die meisten, gerade anglikanischen Länder probieren neue Technologien gerne und schneller aus. Daher sehe ich eigentlich kein Problem darin, in andere Länder zu exportieren. Nur braucht man dafür Geld, denn wo es einfacher ist, ist auch die Konkurrenz größer.
Wo wird die Software von INVENTORUM programmiert?
Wir sind ein Berliner Unternehmen und entwickeln selbst in Berlin. Allerdings sind bei uns mittlerweile 16 Nationen im Büro vertreten: von Dänemark bis Italien, von Russland nach Kuba, von Kanada bis Argentinien. Das macht es, um nochmal auf die Expansion zu sprechen zu kommen, wesentlich einfacher, wenn wir uns global breiter aufstellen wollen. Man kann also sagen, wir entwickeln unsere Software mit einem weltweiten Team, sitzen dabei aber im Herzen von Berlin.
Ist Ihre Kasse GoBD-konform und erfüllt die neuen, ab 01.01.2017 geltenden Anforderungen der Finanzverwaltung?
Ja, INVENTORUM erfüllt die ab Januar geltenden Anforderungen schon länger. Unsere Kunden werden mit unserem System ohne Probleme der Einzelnachweispflicht und Unveränderbarkeit der Daten gerecht, denn all ihre Daten werden finanzamt- bzw. GoBD-konform gespeichert und zehn Jahre unverändert aufbewahrt. So oder so ist mit INVENTORUM die Buchhaltung für Einzelhändler nicht länger ein lästiges Unterfangen, denn unser System übernehmen so gut wie jeden buchhalterischen Aufwand.
Wie ist INVENTORUM finanziert?
Die Investoren von INVENTORUM spiegeln die Philosophie der strategischen Partner sehr gut wieder. Mit dem High-Tech Gründerfonds in der Seed Phase konnten wir nicht nur den größten Investor seiner Art in Deutschland überzeugen, sondern haben dadurch beste Kontakte zur deutschen Industrie gewonnen. Unser Hauptinvestor DMII ist aus dem Kapital eines typisch deutschen Mittelstandsbetrieb entwachsen. Mit Vogel Ventures und Funke Digital haben wir zwei Verlage mit an Bord, welche schon immer kleine Geschäfte als Anzeigenkunden betreuten. Und mit der Berliner Volksbank ist jetzt auch ein Partner dabei, der unsere Stellung im FinTech Bereich stärkt.
Derzeit explodiert die Zahl der Anbieter für Kassensysteme geradezu. Erwarten Sie eine Konsolidierung auf Anbieterseite?
Als wir vor über drei Jahren angefangen haben, waren wir tatsächlich die einzigen unserer Art und ich habe mich zwei Jahre lang gewundert, warum kein anderer auf die Idee gekommen ist. Zugegeben, in Neuseeland, USA und UK gab es schon vergleichbares, aber in Deutschland wurden wir oft noch ungläubig angeschaut. Jetzt ist Multichannel für Einzelhändler bei jedem angekommen – damit steigt die Nachfrage und das Angebot. Das ist grundsätzlich auch für uns gut, da wir gar nicht genügend Marketingbudget ausgeben können, um knapp 500.000 kleine Einzelhändler alleine in Deutschland zu erreichen. Vielleicht wird es dann irgendwann auch eine Konsolidierung geben, aber die Marktanteile jedes Anbieters und der Bedarf der Händler ist noch so groß, dass dieser Prozess bestimmt noch einige Zeit dauern wird.
Warum haben Sie Berlin als Sitz Ihrer Unternehmenszentrale gewählt?
Nach 16 Jahren in den USA kam ich eher aus persönlichen Gründen zurück nach Deutschland. Und da ich vorher 10 Jahre in New York gelebt habe, war es nur eine logische Konsequenz, wieder in einer Großstadt mit guter Lebensqualität zu ziehen. In Berlin habe ich dann eine tolle Startup Szene vorgefunden, ähnlich wie ich es 2000 im Silicon Valley schon erlebt habe. Wenn auch noch viel kleiner, aber mit viel Energie, Kreativität und internationalem Flair. Hier wollte ich bleiben und mein Kind INVENTORUM und meine richtigen Kinder (Otto, 7 und Bruno, 9) großziehen.
Wo steht INVENTORUM in drei Jahren?
In drei Jahren wollen wir uns im Markt etabliert haben, eine tolle Gemeinschaft mit unseren Kunden bilden, um deren und unsere Zukunft gemeinsam gestalten zu können. Und natürlich vor allen Dingen weiterhin für unsere Mitarbeiter eine Umgebung zu bieten, in der es Spass macht, morgens zur Arbeit zu kommen und man Teile seiner Lebensplanung umsetzen und mitgestalten kann.
3. November 2016